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Amtseinführung für Leo XIV.: „Brüder und Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe!"

Mit einer Messe auf dem Petersplatz hat an diesem Sonntag das Pontifikat von Papst Leo XIV. begonnen. Der erste US-Amerikaner auf dem Stuhl Petri warb für eine geeinte Kirche als Motor für eine versöhnte Welt. Ein Papst sei kein „einsamer Anführer“ und „Beherrscher“ der ihm anvertrauten Menschen, sondern ihr Diener im Glauben, der zu besonderer Liebe berufen sei, erklärte der 69-jährige Papst. 200.000 Menschen nahmen an der Messe teil, darunter Staats- und Regierungschefs aus aller Welt

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Zu den Klängen des Hymnus „Tu es Petrus" schritt der Papst zum Auftakt der Liturgie durch den Petersdom, begab sich zum Petrusgrab, das vertieft in der Mitte der Basilika liegt, und sammelte sich zum Gebet. Jeder Papst ist der Nachfolger des Apostels Petrus, den Jesus den Evangelien zufolge ausersah, seine Schafe zu weiden, „Menschenfischer“ zu werden und bindende Entscheidungen an seiner statt zu treffen – daher das Symbol der Schlüssel für den Papst.

Hier der Beitrag zum Nachhören

Die Messe selbst fand bei gleißendem Sonnenschein auf dem Peterplatz statt. Die jahrhundertealten „Lobpreisungen des Königs“ mit dem einleitenden Ruf „Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit“ waren noch im Ohr, als der neue Papst zu seiner Predigt ansetzte.  Leo XIV. zeigte sich darin zum Amtsantritt als Hirte, der seine Aufgabe als Oberhaupt der Weltkirche mit ihren 1,4 Milliarden Gläubigen in einer demütigen Haltung angeht. „Ich wurde ohne jegliches Verdienst ausgewählt und komme mit Furcht und Zittern zu euch als ein Bruder“, sagte der Papst. Als Bruder wolle er sich „zum Diener eures Glaubens und eurer Freude machen und mit euch auf dem Weg der Liebe Gottes wandeln“, so Leo. Ein Papst solle niemals der Versuchung erliegen, „ein einsamer Anführer oder ein über den anderen stehender Chef zu sein, der sich zum Beherrscher der ihm anvertrauten Menschen macht". Und er wünsche sich, „dass wir alle eine einzige Familie sind“, sagte das Kirchenoberhaupt.

Die Messe zur Amtseinführung von Papst Leo: Blick auf den Petersplatz
Die Messe zur Amtseinführung von Papst Leo: Blick auf den Petersplatz   (AFP or licensors)

Liebe tritt nicht autoritär auf

Zwei Aspekte seines Papstamtes vertiefte Leo: Einheit und Liebe. Beide seien zentral für die Sendung, die Jesus dem Petrus und damit allen seinen Nachfolgern anvertraut habe. Petrus habe den Auftrag erhalten, „mehr zu lieben“ und „sein Leben für die Herde hinzugeben“. Einer autoritären Form von Liebe erteilte Leo eine Absage: „Es geht niemals darum, andere durch Zwang, religiöse Propaganda oder Machtmittel zu vereinnahmen, sondern immer und ausschließlich darum, so zu lieben, wie Jesus es getan hat“, erklärte er. Die Kirche von Rom habe schließlich „den Vorsitz in der Liebe“ und „ihre wahre Autorität ist die Liebe Christi“ – ein indirekter Verweis auf Papst Franziskus, der genau das bei seinem ersten Auftritt als Papst am 13. März 2013 gesagt hatte.

  (ANSA)

Geeinte Kirche, die zum Ferment einer versöhnten Welt wird

Deutlich mahnte Papst Leo dazu, Spannungen und Spaltungen innerhalb der katholischen Kirche zu überwinden und Vielfalt zuzulassen. Durch die Taufe seien alle dazu berufen, „das Haus Gottes in geschwisterlicher Gemeinschaft, im Einklang des Heiligen Geistes und in einem Zusammenleben in Verschiedenheit aufzubauen“, so der Papst. Die Welt verlange nach dieser Einheit der Kirche. „Liebe Brüder und Schwestern, ich würde mir wünschen, dass dies unser erstes großes Verlangen ist: eine geeinte Kirche, als Zeichen der Einheit und der Gemeinschaft, die zum Ferment einer versöhnten Welt wird.“

„… um eine neue Welt aufzubauen, in der der Friede herrscht“

Zwietracht, Hass und Gewalt, Vorurteile, Angst vor dem Anderen zersetzen die Welt heute mehr denn je, sagte der Papst, ohne einzelne Beispiele herauszugreifen. Als Ursache verwies er – auch das in Fortführung des Lehramts seines Vorgängers Franziskus – auf „ein Wirtschaftsmodell, das die Ressourcen der Erde ausbeutet und die Ärmsten an den Rand drängt“. Katholischen Gläubigen sollten dagegenhalten und untereinander „Einheit, Gemeinschaft und Geschwisterlichkeit“ fördern: innerhalb der katholischen Kirche, mit den „christlichen Schwesterkirchen“, mit den Angehörigen anderer Religionen, mit Suchenden und letztlich „mit allen Frauen und Männern guten Willens, um eine neue Welt aufzubauen, in der der Friede herrscht.“

Bei der Amtseinführungsmesse
Bei der Amtseinführungsmesse   (ANSA)

Der Papst entwarf das Bild einer missionarischen und inklusiven Kirche, die sich nicht in sich selbst verschließt und „der Welt überlegen“ fühlt. „Wir sind gerufen, allen Menschen die Liebe Gottes zu bringen“, erklärte Leo. Ziel sei jene Einheit, die nicht die Unterschiede aufhebt, „sondern die persönliche Geschichte jedes Einzelnen und die soziale und religiöse Kultur jedes Volkes zur Geltung bringt“, so der US-amerikanische Papst, der acht Jahre lang als Bischof in einer entlegenen Diözese in Peru mit vielen Indigenen gewirkt hatte.

„Brüder und Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe!“

„Brüder und Schwestern, dies ist die Stunde der Liebe!“, so der Papst mit einem Verweis auf Leo XIII. mit seiner berühmten Sozialenzyklika „Rerum novarum“ von 1891. „Gehen wir gemeinsam, als ein Volk, alle Brüder und Schwestern, auf Gott zu und lieben wir einander.“

Kardinal Zenari legt dem Papst das Pallium auf die Schultern - es symbolisiert den guten Hirten
Kardinal Zenari legt dem Papst das Pallium auf die Schultern - es symbolisiert den guten Hirten   (AFP or licensors)

Pallium, Fischerring und Kreuzstab

Vor der Verkündigung des Evangeliums erhielt der neue Papst seine zwei Amtsinsignien, das Pallium und den Fischerring. Kardinal Mario Zenari legte dem Papst das Pallium auf, wobei der Papst leicht in die Knie ging. Die weiße Wollstola steht für die Hirtensorge der Erzbischöfe in der Weltkirche. Der kongolesische Kardinal Fridolin Ambongo Besungu sprach das in der Liturgie zur Amtseinführung eines Papstes vorgesehene Gebet, das die Gegenwart und den Beistand Gottes für den Nachfolger Petri erfleht. Den Fischerring steckte dem Papst der philippinische Kardinal Luis Antonio Gokim Tagle an den Finger der rechten Hand. Leo XIV. betrachtete den Ring, der seinen Dienst symbolisiert, mit sichtlicher Ergriffenheit. Der goldfarbene Ring zeigt Petrus mit Schlüsseln und Fischernetz und trägt auf der Innenseite den Namen des Papstes eingraviert. 

Papst Leo mit seinem Fischerring
Papst Leo mit seinem Fischerring   (ANSA)

Leo trug bei seiner Amtseinführung den berühmten silberfarbenen Kreuzstab aus den 1960er Jahren von Papst Paul VI., der den leidenden Christus am Kreuz zeigt. Papst Johannes Paul II. hatte diese Ferula durch sein ganzes Pontifikat hindurch getragen, Benedikt und Franziskus nutzen diesen wie auch andere Kreuzstäbe. Die Ferula von Paul VI. steht für das II. Vatikanische Konzil, da der Papst sie zum Abschluss der großen Kirchenversammlung am 8. Dezember 1965 zum ersten Mal trug. Der Kreuzstab ruhte während der Liturgie zur Linken des Papstes, zu seiner Rechten stand das Gnadenbild der Mutter vom Guten Rat von Genazzano, das Leo wenige Tage nach seiner Wahl besucht hatte.  

Ebenfalls ein traditionelles Element der Liturgie zum Beginn eines Pontifikats ist das Gehorsamsversprechen, das zwölf repräsentativ nach Stand und Herkunft ausgewählte Angehörige des Volkes Gottes leisteten: zunächst drei Kardinäle, je ein Bischof, ein Priester und ein Diakon, eine Ordensfrau und ein Ordensmann, ein Ehepaar und zwei Jugendliche. Sie alle traten nacheinander vor und gelobten dem auf seinem Platz vor dem Altar stehenden Papst Gehorsam.

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Vertreter der Ökumene und der Religionen

Das Ökumenische Patriarchat Konstantinopel war mit Patriarch Bartholomaios vertreten, das Moskauer Patriarchat mit Metropolit Nestor von Korsun und Westeuropa. Unter den Repräsentanten des Judentums, die zur Amtseinführungsmesse von Papst Leo kamen, waren der argentinische Rabbiner Abraham Skorka, ein persönlicher Freund von Papst Franziskus, der gebürtige Deutsche Yehoschua Ahrens, Rabbiner von Bern, der Ungar Viktor Eichner, Leiter des römischen Verbindungsbüros des World Jewish Congress, sowie aus Jerusalem Oded Wiener, der frühere Generalsekretär des Oberrabbinats.

Zu den Vertretern anderer Religionen zählten Muslime, Hindus, Buddhisten, Sikhs, Zoroastrier und Jains.

Papst Leo XIV. dreht die Runde im Papamobil
Papst Leo XIV. dreht die Runde im Papamobil   (@Vatican Media)

Schon eine Stunde vor Beginn der Messe war Papst Leo XIV. im weißen Papamobil auf dem Petersplatz unterwegs, um die zu Zehntausenden anwesenden Gläubigen zu begrüßen. Hubschrauber knatterten im römischen Frühlingshimmel, als der Papst in raschem Schritttempo und unter dem Jubel der Menge durch die Via della Conciliazione bis fast zur Engelsburg fuhr. Leo, der mit seinen 69 Jahren durchaus sportlich wirkt, winkte mit großer Ausdauer abwechselnd links und rechts, ehe er nach einer halben Stunde im Jeep den Petersplatz verließ, um sich in der Kapelle der Pietà die Messgewänder anzulegen.

(vatican news - gs)

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18. Mai 2025, 12:49
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